Zuhören und Nachfragen

Das Wichtigste des Textes auf einen Blick:
- Es gibt verschiedene allgemeine Tipps für das Führen von schwierigen Gesprächen.
- Ich-Botschaften und das Verzichten auf Interpretationen helfen dir beim Nachfragen.
- Du möchtest eine bestimmte Veränderung im Verhalten, der Äußerung von Gefühlen oder Gedanken ansprechen und weißt nicht wie. Hierfür gibt es verschiedene Formulierungsvorschläge.
- Non-verbale Kommunikation, aufmerksam sein, bestätigen und zusammenfassen und mifühlen geben anderen das Gefühl, dass du wirklich zuhörst.
Du hast eine:n Freund:in, der/dem es aktuell nicht gut geht und du willst das Gespräch suchen?
In diesem Text bekommst du allgemeine Tipps für das Führen schwieriger Gespräche, zum Beispiel wie du deine:n Freund:in auf beobachtete Veränderungen ansprechen kannst und wie du aktiv zuhörst.
Allgemeine Tipps für das Führen von schwierigen Gesprächen:
Vertraulichkeit wahren
Es ist wichtig, dass du das Vertrauen deines/deiner Freund:in respektierst. Das bedeutet, dass du persönliche Informationen nicht weitererzählen solltest. Von psychischen Problemen zu erzählen ist schwer und erfordert viel Mut. Dein:e Freund:in verlässt sich darauf, dass private Informationen nicht rumerzählt werden. Bitte behalte das im Hinterkopf.
Umgang bei Gefährdung oder Überforderung
Es gibt Situationen, in denen du dich auf jeden Fall an eine erwachsene Ansprechperson wenden solltest. Zum Beispiel bei einer möglichen Gefährdung deines/deiner Freund:in wie bei der Äußerung von Suizidgedanken. Hier kannst du mehr darüber lesen. Außerdem ist es sinnvoll, sich an eine Vertrauensperson zu wenden, wenn du merkst, dass du durch das Gespräch selbst belastet bist. Hier findest du Informationen über den Umgang mit Belastungen und Ansprechpersonen.
Unterstützung anbieten
Für Menschen mit psychischen Problemen kann es unheimlich wertvoll sein, wenn du einfach zum Reden da bist und ein offenes Ohr hast. Wenn die Person das möchte, dann kannst du auch anbieten gemeinsam nach Unterstützungsmöglichkeiten zu suchen. Hier findest du Informationen zu verschiedenen Hilfsangeboten. Manchmal hilft es auch, einfach da zu sein, ohne sofort eine Lösung parat zu haben.
Nachfragen
Wie kannst du am besten das Gespräch starten? Wie erreichst du deine/deinen Freund:in am ehesten? Hier sind einige Tipps zusammengestellt, die dir bei Gesprächen helfen können:
Ich-Botschaften
Ich-Botschaften tragen dazu bei, dass du aus deiner Perspektive sprichst. Das bedeutet es geht darum, was du wahrnimmst oder wie du dich fühlst. Ich-Botschaften haben den Vorteil, dass du keine Fakten schaffst (z.B. “Du hast dich so verändert.”), sondern deine persönliche Wahrnehmung mitteilst (z.B. “Ich habe das Gefühl, dass du dich verändert hast.”, “In meiner Wahrnehmung hast du dich verändert”.).
Interpretationen
Es ist sinnvoll, sich mit Interpretationen während des Gesprächs erstmal zurückzuhalten. Lass deine:n Freund:in erstmal erzählen. Hilfreich ist es, wenn du deine persönliche Reaktion mitteilst, z.B. “Das, was du erzählst, finde ich heftig.”
Formulierungsvorschläge
Du möchtest eine bestimmte Veränderung im Verhalten, der Äußerung von Gefühlen oder Gedanken ansprechen und weißt nicht wie? Hier sind einige Formulierungsbeispiele:
Rückzug/Vermeidung/ Sorgen/Trauer:
“Ich mache mir Sorgen um dich. In letzter Zeit hatte ich das Gefühl, dass du dich verändert hast. Ich nehme wahr, dass du
- dich mehr zurückziehst
- häufiger absagst
- trauriger wirkst
- mehr in Gedanken bist
- dir häufig Sorgen machst
- Situationen vermeidest
- …
Deswegen habe ich mich gefragt, ob dich vielleicht etwas bedrückt. Kann das sein?”
Unkontrollierbare Wut:
- „Ich wollte dich mal was fragen: Mir ist aufgefallen, dass du in letzter Zeit öfter sauer wirst. Was ist los? Kann ich dir irgendwie helfen?“
- „Ich weiß nicht genau, wie ich das sagen soll, aber manchmal weiß ich nicht, wie ich mit deiner Wut umgehen soll. Wie siehst du das?“
Selbstverletzendes Verhalten
- „Ich mache mir wirklich Sorgen um dich. Ich habe gesehen, dass du Verletzungen hast. Kommen die von dir? Kann ich irgendwas tun?“
- „Hey, du bist mir wichtig, und ich möchte, dass es dir gut geht. Willst du mit mir darüber reden, was passiert ist?“
Suizidgedanken
- „Mir liegt etwas auf dem Herzen: Als du neulich das gesagt hast mit ‚…‘, habe ich mir große Sorgen gemacht. Bist du okay? Wir müssen das nicht allein lösen – vielleicht können wir mit jemandem sprechen?“
- „Du bist echt wichtig für mich, und ich will, dass du weißt, dass du mit dem allem nicht allein bist. Das Thema ist zu wichtig, um es geheim zu halten. Deshalb müssen wir mit einer Erwachsenen Person darüber sprechen und dir Hilfe suchen. Wollen wir gemeinsam überlegen, mit wem wir reden könnten?“
Riskantes Verhalten
- “Ich habe das Gefühl, dass du zurzeit häufiger allein trinkst/kiffst und es dir dabei nicht gut geht. Kann das sein?”
Streit
- „Ich wollte mal mit dir reden, weil ich finde, dass wir in letzter Zeit öfter streiten. Hast du das auch bemerkt? Woran könnte das liegen?“
- „Unsere Freundschaft bedeutet mir echt viel, aber ich habe das Gefühl, es läuft grade nicht so gut. Wie geht’s dir damit?“
Zuhören
Non-verbale Kommunikation:
Wir kommunizieren nicht nur über Worte, sondern auch über unsere Körpersprache, Gesichtsausdrücke oder den Tonfall. Augenrollen kann bedeuten, dass eine Person genervt ist, das Heben der Stimme kann Wut oder eine Warnung ausdrücken. Somit haben wir neben dem, was wir zu Personen sagen auch die Möglichkeit non-verbal, also nicht über Worte, zu kommunizieren.
Aufmerksam zuhören:
Wenn dir ein:e Freund:in etwas erzählt, kann es sehr hilfreich sein, wenn du signalisierst, dass du mit deiner vollen Aufmerksamkeit dabei bist. Das bedeutet, das Handy beiseitezulegen, Augenkontakt zu halten und aktiv zuzuhören, ohne den anderen zu unterbrechen. Auch durch Nicken, Zustimmung und gezielte Nachfragen zeigst du, dass dir das Gespräch wichtig ist.
Bestätigen und zusammenfassen:
Um sicherzustellen, dass du das Gesagte richtig verstanden hast, kannst du es noch einmal in eigenen Worten wiederholen. Zum Beispiel: „Wenn ich es richtig verstehe, bist du besorgt, weil...“ Das zeigt nicht nur, dass du zugehört hast, sondern hilft auch, Missverständnisse zu klären.
Mitfühlen, aber nicht urteilen
Es ist wichtig, dass du Verständnis zeigst und nicht vorschnell urteilst. Sätze wie „Das klingt wirklich schwierig!“ oder „Ich kann verstehen, dass dich das belastet.“ zeigen deinem Gegenüber, dass du seine Gefühle ernst nimmst. Vermeide Ratschläge oder Kommentare, die das Problem herunterspielen.
Video: Erfahrungen mit Zuhören und Nachfragen
In diesem Video erzählt Maja, wie sie mitbekommen hat, dass sich jemand in ihrem Umfeld sehr verändert hat und wie sie durch Zuhören und Nachfragen helfen konnte.
Quellen
Schulz von Thun, F. (2014). Miteinander reden: 1. Störungen und Klärungen. Allgemeine Psychologie der Kommunikation (Vol. 51). Rowohlt Verlag GmbH: Reinbek bei Hamburg.Ripper, K., & Ripper, J. (2018). Therapie-Tools Kommunikation. Beltz: Weinheim Basel.